Stromleitungen und Gasnetze verlaufen unterirdisch, Netze für Wasser, Wärme und Telekommunikation ebenfalls. Digitale Pläne ersetzen jetzt die alten Planzeichnungen und dokumentieren die Versorgungsnetze genauer als je zuvor. Hochsensible Kamerafahrzeuge erstellen Stadtmodelle in 3D - eine unschätzbare Hilfe für die Netzplanung und den Netzservice.

Der Einsatz dieser auffälligen Fahrzeuge war nicht zu übersehen: In Hennef, Niederkassel und Königswinter waren sie in den vergangenen Monaten in unserem Auftrag unterwegs. Sie ähneln den Google-Autos, die für das Street-View-Projekt des US-Konzerns Städte und Straßen erkunden, Häuserfassaden fotografieren und Verkehrsdaten aufnehmen. Die eingesetzten rhenag-Kamerafahrzeuge, genauer gesagt, die eines Dienstleisters im Auftrag der Rhein-Sieg Netz GmbH, blicken tiefer: Ihre Bilder lösen höher und detailschärfer auf, für Menschen, Autos und Häuser interessieren sie sich nicht – für die Energieversorgung dafür umso mehr. Deswegen werden außer Straßen oder Plätzen auch die Flächen daneben erfasst, so etwa Fuß- und Radwege, Grünstreifen oder gepflasterte Rinnen. „Schöne Bilder sind angenehm, die Topographie ist wichtiger“, erläutert Jan Niemann die Aufgabe, „das Gelände wurde durch die Kamerafahrzeuge nämlich nicht nur fotografiert, sondern mit Hilfe eines Laserscanners zentimetergenau vermessen. Mit diesen satellitengestützten Daten arbeiten wir.“

Schneller und genauer planen

Ziel des Ganzen: Die Versorgungsnetze, egal ob es sich um Strom oder Erdgas, Wasser oder Wärme handelt, werden digitalisiert. „Das heißt: Wir können in Zukunft vom Schreibtisch aus Maßnahmen an unseren Versorgungsnetzen planen, ohne erst mit umständlich langen Anfahrten das Gelände vor Ort zu besichtigen. Genau vermessen ist es außerdem schon, alle erforderlichen Daten sind zur Hand, wiederholte Messungen können entfallen“, beschreibt Vermessungsingenieur Niemann die Vorteile. Als Fachgebietsleiter Netzdokumentation sorgt er dafür, dass den Serviceteams der Rhein-Sieg Netz diese Daten mit 360-Grad-Rundblick zur Verfügung stehen.

Zum Beispiel für die Planung einer neuen oder die Erneuerung einer bestehenden Versorgungsleitung: Dank der guten Datenlage kann wesentlich besser geplant werden. Schneller und genauer, weil die Daten auf Knopfdruck jederzeit sofort zur Verfügung stehen; effizienter, weil Kommunen und Rhein-Sieg Netz mit denselben Daten perfekt zusammenarbeiten können.

Kommunen mit an Bord

Das digitalisierte Netz kommt auch unseren Kunden zugute: „Wer zum Beispiel ein neues Haus baut und seinen Anschluss ans Erdgasnetz beantragt, erhält das Angebot schneller und genauer kalkuliert. Wir haben das Gelände am Monitor plastisch vor Augen und können mit den grafischen Informationen ein entsprechendes Angebot schneller liefern“", sagt Niemann.

Schon in der Vergangenheit haben sich die rhenag-Netztöchter an Rhein und Sieg ebenso wie im Westerwald darum bemüht, erforderliche Tiefbauunternehmen mit den Kommunen abzusprechen und zu koordinieren. „Für Kommunen sind unsere Daten genauso wichtig und nützlich. Wenn die Kamerafahrzeuge durch Städte und Gemeinden fahren, arbeiten wir eng zusammen“, ergänzt Niemann. „Deshalb ist die Digitalisierung der Netze ein Musterbeispiel dafür, wie man Synergien schafft und Kosten im Interesse aller teilt, in diesem Fall sogar verringert.“ Übrigens wurden die Kommunen schon im Vorfeld informiert, wann die „Planmobile“ durch welche Straßen rollen, ihre Befahrung wurde genehmigt. Auch Bürger, Polizei und Ordnungsamt waren im Bilde.

Datenschutz wird groß geschrieben

Daten werden nur verschlüsselt übertragen, der Zugriff wird dokumentiert. Noch sind nicht alle Strecken im Versorgungsgebiet befahren, wie Niemann erklärt: „Wir haben Mitte 2019 mit einer Pilotphase in Siegburg begonnen und sind inzwischen bei geschätzt 1.200 Kilometern in den vier Kommunen angekommen. Aber die Vorteile zeigen sich jetzt schon, auf allen Ebenen.“

Bedenken um den Datenschutz können direkt zerstreut werden: Selbstverständlich werden keine persönlichen Daten gespeichert und Kfz-Kennzeichen beispielsweise durch Verpixelung unleserlich gemacht. Gesichter sind niemals zu erkennen. Die 360°-Bilder sind nicht frei im Internet verfügbar, sondern stehen ausschließlich unseren Mitarbeitern und jenen der Städte zur Verfügung. Als Planungsinstrument bringt es direkten ökonomischen Nutzen.

Viele nützliche Anwendungen

Niemann beschreibt die Vorzüge: „Unterm Strich verbessert sich unser Service, auch Kommunen können mit den Bild- und Geodaten besser planen und schneller qualifizierte Auskünfte geben oder Genehmigungen erteilen.“ Zusätzlich zeigt sich: Nach der Befahrung ist vor der Befahrung. Die Kommunen wollen zum Beispiel den Fahrbahnzustand erfassen, um Stolperfallen auf Fußwegen zu beseitigen. Sie können Reparaturarbeiten dokumentieren oder im Voraus planen, wo später einmal Radwege verlaufen. Dafür leistet eine Fahrt mit dem „Planmobil“ gute Dienste. Bäume, Verkehrszeichen und Straßenleuchten können in ein Kataster eingebracht werden und vieles andere mehr. Es lassen sich Grünflächen planen und gleichzeitig die Stadtentwässerung gezielt verbessern, um Überflutungen bei Starkregen vorzubeugen.

„Die Stadt insgesamt und die Versorgungsnetze im Besonderen erhalten so einen digitalen Zwilling“, fasst Jan Niemann zusammen. „Wir können den Ist-Zustand der Stadt online besichtigen, gleichzeitig lassen sich künftige Entwicklungen visualisieren und besser umsetzen. Beim Planen gibt es viel zu entdecken.”